Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen: Nachdem in vielen Bereichen während der Pandemie erfolgreich im Homeoffice gearbeitet wurde und auch noch wird, müssen sich Arbeitgeber wohl darauf einstellen, dass Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten auch in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen werden. In unserem FAQ greifen wir die häufigsten Fragen zu diesem Themenbereich auf.
Vielfach werden Begriffe wie „Homeoffice", „Telearbeit" und „mobiles Arbeiten" synonym verwendet. Es ist jedoch zu differenzieren:
2. Gelten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes auch für Telearbeit sowie mobile Arbeit?
Unabhängig davon, ob die Arbeit von zu Hause, unterwegs oder im Büro erledigt wird, handelt es sich um Arbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitsformen – und damit auch die Höchstarbeitszeitgrenze von grundsätzlich acht Stunden pro Tag. Ausnahmsweise kann die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden pro Tag ausgeweitet werden, wenn diese Differenz innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen wird. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 48 Stunden.
Zu beachten ist zudem die in § 5 ArbZG vorgesehene Ruhezeit von mindestens elf Stunden nach Beendigung und vor Wiederaufnahme der Arbeit. Nach dem Gesetzeswortlaut würde eine spätabends gelesene E Mail theoretisch den Arbeitsstart am nächsten Morgen verhindern. Denn eine zeitliche oder inhaltliche Geringfügigkeitsgrenze formuliert das Arbeitszeitgesetz nicht. In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass lediglich geringfügige Unterbrechungen der Ruhezeit nicht unter den Schutzzweck des § 5 ArbZG fallen, den Arbeitnehmer vor Überbeanspruchung zu schützen, und von daher arbeitszeitrechtlich nicht relevant sind. In jedem Falle wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wünschenswert.
Auch abgesehen von § 5 ArbZG sollte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geklärt werden, in welchem Zeitrahmen der Mitarbeiter verpflichtet ist, seine E Mails zu lesen. Geht dies über die eigentlichen Arbeitszeiten des Mitarbeiters hinaus, stellt sich nämlich die Frage, inwieweit (vergütungspflichtige) Rufbereitschaft vorliegt.
Im Übrigen sind die Pausenzeiten nach § 4 ArbZG einzuhalten.
Die Mitarbeiter sollten zudem angehalten werden, die Arbeitszeit zu dokumentieren.
Exkurs: Das Bundesarbeitsministerium hat Ende November 2020 den zweiten Entwurf des Gesetzes zur mobilen Arbeit (MAG) vorgelegt. Hier gibt es Vorschriften, die die Erfassung der (mobilen) Arbeitszeit neu regeln sollen. Vorgesehen ist ein neuer § 112 GewO, der bestimmt, dass § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG dahingehend abgewandelt wird, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, Beginn, Ende und Dauer der gesamten Arbeitszeit am Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Zudem kann der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht auf seinen Mitarbeiter delegieren, bleibt aber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich.
3. Kann der Arbeitnehmer im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit seine Arbeitszeit selbst bestimmen?
Homeoffice und mobile Arbeit sind nicht zu verwechseln mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Die Arbeit ist daher zunächst genauso und zu genau den gleichen Zeiten zu erbringen wie im Betrieb. Ist flexibles Arbeiten gewünscht, müssen entsprechende Arbeitszeitmodelle zusätzlich zu Telearbeit / Homeoffice / mobilem Arbeiten entwickelt werden, beispielsweise in Form von Arbeitszeitkonten.
4. Was kann der Arbeitgeber gegen (mutmaßlichen) Arbeitszeitbetrug im Homeoffice tun?
Die Tatsache, dass in der Corona-Krise in vielen Bereichen intensiv aus dem Homeoffice gearbeitet wird, wirft die Frage auf, was Arbeitgeber tun können, wenn sie den Verdacht haben, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice nicht die Leistung erbringen, die vertraglich vereinbart wurde. Denn die Überwachung der Mitarbeiter im Homeoffice ist zweifelsohne schwieriger als in den Räumlichkeiten des Unternehmens. Ratsam ist es in jedem Fall, Mitarbeiter Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Pausenzeiten dokumentieren zu lassen, soweit kein elektronisches Überwachungssystem vorhanden ist, das auch im Homeoffice eingesetzt werden kann.
Bevor man die Frage nach arbeitsrechtlichen Konsequenzen stellt, ist zu klären, wann ein Arbeitszeitbetrug überhaupt vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer sich für Arbeitszeit bezahlen lässt, die er nicht geleistet hat. Es gibt sowohl im Büro als auch im Homeoffice Sachverhalte, bei denen ein Betrug auf der Hand liegt. Schreibt sich der Mitarbeiter Pausen als Arbeitszeit auf oder bittet er einen Kollegen, ihn früher einzustempeln, als er tatsächlich bei der Arbeit erscheint, so ist ein Betrug offensichtlich. Aber wie verhält es sich, wenn Mitarbeiter außerhalb der Pausen mit Kollegen Kaffee trinken und plaudern? In diesen Zeiten arbeitet der Arbeitnehmer zwar nicht, es denkt aber auch niemand sofort an Arbeitszeitbetrug, zumindest dann nicht, wenn diese Aktionen im Rahmen des Üblichen bleiben. Auch das Führen kurzer dringender privater Telefonate im Einzelfall wird nicht den Tatbestand des Arbeitszeitbetrugs erfüllen.
Diese Grundsätze lassen sich auch auf das Homeoffice übertragen: Ein kurzes Gespräch mit Familienangehörigen, das Annehmen eines Pakets an der Haustür oder das Kochen eines Kaffees sind sozialadäquat, wenn diese Handlungen die Arbeitsabläufe des Arbeitgebers nicht stören. Die Betreuung von Hausaufgaben, das Aufhängen von Wäsche oder ein Spaziergang während der Arbeitszeit dürften allerdings die Grenze des Zulässigen überschreiten. Wenn der Mitarbeiter jedoch flexible Arbeitszeiten hat und solche Arbeiten aus der Arbeitszeit herausrechnet bzw. die Zeiterfassung stoppt, sollte im Grundsatz gegen solche Tätigkeiten nichts einzuwenden sein. Gleiches gilt bei Vertrauensarbeitszeit. Hier kommt ein Arbeitszeitbetrug praktisch gar nicht in Betracht.
Ein Arbeitszeitbetrug ist Pflichtverletzung und Vertrauensbruch in einem und berechtigt den Arbeitgeber – gegebenenfalls nach Abmahnung – zu einer ordentlichen verhaltensbedingten oder je nach Umständen auch zu einer fristlosen Kündigung. Das große Problem für Unternehmen ist, dass sie den Arbeitszeitbetrug nachweisen müssen. Dies gelingt aber meist nur dann ohne Schwierigkeiten, wenn die Arbeitszeiten ganz genau festgelegt sind. Das ist bei vielen Arbeitsplätzen aber nicht der Fall. Daher kann sich der Mitarbeiter oft leicht herausreden. Gelingt es dem Arbeitgeber aber, durch Kontrolle der erfassten Zeitdaten einen Betrug nachzuweisen, verstößt er damit nicht gegen Datenschutzrecht – so das LAG Köln in einem am 29. September 2014 entschiedenen Fall (2 Sa 181/14). Nach Auffassung der Richter dient der Datenschutz nicht dazu, Betrüger zu decken.
Hat der Arbeitgeber einen begründeten Verdacht, den er aber nicht konkret nachweisen kann, hilft ihm unter Umständen eine Verdachtskündigung. Anders als bei einer „normalen" Kündigung muss der Arbeitgeber hier nicht lückenlos nachweisen, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung oder eine schwere Pflichtverletzung begangen hat. Er kann vielmehr bereits dann zur Verdachtskündigung greifen, wenn ein dringender Verdacht hierauf besteht, es aber an eindeutigen Beweisen fehlt. Eine ordentliche Kündigung kann dann zwar nicht ausgesprochen werden, unter bestimmten Umständen aber eine außerordentliche.
Außerhalb des Tatbestands des Arbeitszeitbetrugs bleibt das Problem, dass sogenannte Low Performer im Homeoffice noch bessere Chancen haben, sich gemütlich einzurichten. Der Arbeitgeber sollte bei solchen Personen versuchen, Homeoffice auszuschließen oder auf das absolut Notwendige zu beschränken.
5. Welche technischen Möglichkeiten hat der Arbeitgeber, seine Mitarbeiter im Homeoffice zu überwachen?
Technische Möglichkeiten zur Mitarbeiterüberwachung gibt es viele. Neben der Installation einer Webcam ist der Einsatz eines sogenannten Keyloggers denkbar, der die Tastatureingaben der Mitarbeiter speichert. Auch können E-Mail-Verläufe oder Zugriffe auf Internet/Intranet kontrolliert werden. Ohne Probleme lässt sich erfassen, wann der Mitarbeiter sich in das Firmennetz eingeloggt und wieder ausgeloggt hat. Office-Communicatoren mit Status-Ampel zeigen auf, wann Mitarbeiter aktiv am PC arbeiten und wann die Arbeit ruht.
Doch längst nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt. Die Rechtsprechung verbietet jedenfalls eine lücken- und anlasslose Überwachung. Das gilt selbst dann, wenn der Mitarbeiter Kenntnis von der Überwachung hat. Außerdem muss stets nach "milderen Mitteln" Ausschau gehalten werden.
Von daher dürfte der Einsatz einer Webcam zur Überwachung in der Praxis kaum möglich sein. Ob die Überprüfung des Browser-Verlaufs bzw. der E-Mails des Mitarbeiters statthaft ist, hängt davon ab, ob ihm die private Nutzung der dienstlichen Geräte/Accounts gestattet wurde. Verbietet der Arbeitgeber die Privatnutzung, kann er grundsätzlich auf E-Mails und Browserverläufe seiner Mitarbeiter zugreifen, allein schon, um die Einhaltung des Verbots zu überprüfen. Aber auch hier ist eine Dauerüberwachung ausgeschlossen. Ist die Privatnutzung gestattet, hat der Arbeitgeber grundsätzliche keine Zugriffsrechte mehr. Ausnahmen sind nur dann denkbar, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten vorliegen.
Unrechtmäßige Mitarbeiterüberwachung kann neben hohen Bußgeldern Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Entsprechende Schritte sollten also sorgfältig geprüft werden.
6. Welche arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften gelten?
Das Arbeitsschutzgesetz enthält nur sehr allgemein gehaltene Arbeitsschutzvorschriften. § 18 ArbSchG ermächtigt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats jedoch zum Erlass von detaillierten Verordnungen. Eine solche ist die Arbeitsstättenverordnung. § 2 Abs. 7 ArbStättV bestimmt jedoch ausdrücklich, dass diese Verordnung nur für Telearbeit, nicht aber für mobiles Arbeiten gilt.
Ein Telearbeitsplatz nach der Arbeitsstättenverordnung setzt zweierlei voraus:
Liegt ein solcher Telearbeitsplatz vor, hat der Arbeitgeber im Wesentlichen drei Pflichten:
Beim mobilen Arbeiten finden nach dem Gesetzeswortlaut „nur" die weniger konkreten Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes Anwendung, nicht aber die Arbeitsstättenverordnung.
Nach wohl herrschender Meinung gelten für mobiles Arbeiten grundsätzlich folgende arbeitsschutzrechtliche Pflichten:
Der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) hat anlässlich der während der Corona-Krise gestiegenen Anzahl an Beschäftigten, die mobil arbeiten, praktikable Empfehlungen zur Gestaltung des mobilen Arbeitens gegeben.
Arbeitgeber sollten jedenfalls immer bedenken, dass intensives nicht ergonomisches Arbeiten eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung für die Mitarbeiter darstellt, die zu langfristigen krankheitsbedingten Arbeitsausfällen führen kann.
Auch die sich aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ergebenden Pflichten des Arbeitgbers finden im Homeoffice Anwendung. Diese Verordnung regelt die Verwendung von Arbeitsmitteln. Letztere müssen sicher sein und soweit nötig, gewartet und geprüft werden. Die Verordnung sieht neben einer eigenen Gefährdungsbeurteilung (§ 3 Abs. 2 BetrSichV) auch die Freigabepflicht von Arbeitsmitteln vor (§ 5 Abs. 4 BetrSichV).
7. Hat der Arbeitgeber ein Recht auf Zutritt zur Wohnung seines Mitarbeiters?
Das Recht auf Zutritt zur Wohnung des Mitarbeiters wird vor allem im Zusammenhang mit der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung (siehe oben) diskutiert. Ob zu diesem Zweck eine Begehung des häuslichen Arbeitsplatzes erforderlich ist oder ob diese durch Nachfragen ersetzt werden kann, ist umstritten und höchstrichterlich bislang nicht entschieden. Im Zweifel sollte der Arbeitgeber sich ein solches Recht vertraglich zusichern lassen, wobei unklar ist, ob eine solche Klausel wirksam wäre. Problematisch kann hier schon die Tatsache sein, dass weitere Personen in der Wohnung leben, die einem Zugang durch den Arbeitgeber nicht zustimmen. Soweit der Mitarbeiter mit einer Begehung nicht einverstanden ist, sollte der Arbeitgeber dies jedenfalls unbedingt dokumentieren und die erforderlichen Auskünfte mittels eines Fragebogens ermitteln, sich gegebenenfalls auch Fotos vom Arbeitsplatz übermitteln lassen.
8. Welche Sanktionen drohen bei Nichtbeachtung der Arbeitszeit und der Arbeitsschutzvorschriften?
Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz (z. B. Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen, Nichteinhaltung der Ruhepausen, Verletzung der Mindestruhezeit, Verstoß gegen Sonn- und Feiertagsbeschäftigung) können mit Geldbußen bis zu EUR 15.000 geahndet werden. Der Referentenentwurf zum Arbeitsschutzkontrollgesetz, mit dem u. a. Anforderungen an Unterkünfte, Dokumentationspflichten und Fremdpersonalverbote für die Fleischindustrie geregelt werden, sieht sogar eine Erhöhung des Bußgeldrahmens auf EUR 30.000 vor. Wird dabei vorsätzlich die Gesundheit oder Arbeitskraft eines Mitarbeiters gefährdet oder werden diese Ordnungswidrigkeiten beharrlich wiederholt, ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe möglich.
§ 9 Abs. 1 ArbStättV i. V. m. § 25 Abs. 1 Nr. 1 ArbSchG bestimmt, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Gefährdungsbeurteilung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert oder wer nicht sicherstellt, dass die Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit unterwiesen werden. Bußgelder können bis zu einer Höhe von EUR 5.000 verhängt werden. Eine vorsätzliche Handlung, die das Leben oder die Gesundheit der Beschäftigten gefährdet, ist strafbar nach § 9 Abs. 2 ArbStättV i. V. m. § 26 Nr. 2 ArbSchG. Auch hier ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe möglich.
Da die Arbeitsstättenverordnung nur für Telearbeit, nicht aber für mobile Arbeit gilt, kann der Arbeitgeber nach derzeitiger Rechtslage in diesem Bereich jedoch keine Ordnungswidrigkeit / Straftat begehen. Denn das Arbeitsschutzgesetz definiert nicht selbst, wann eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat vorliegt, sondern verweist diesbezüglich nur auf Verordnungen. Nach dem Grundsatz „nulla poena sine lege" scheidet eine Ahndung von eventuellen arbeitschutzrechtlichen Verstößen daher aus. Allerdings ist denkbar, dass sich eine Behörde einschaltet und dem Arbeitgeber vorgibt, bestimmte Maßnahmen zu treffen. Kommt dieser der Aufforderung dann nicht nach, begeht er eine Ordnungswidrigkeit nach § 22 Abs. 3 ArbSchG i. V. m. § 25 ArbSchG. Die Geldbuße kann bis zu EUR 30.000 betragen.
9. Gibt es einen Anspruch auf Homeoffice? Wie verhält es sich in Corona-Zeiten?
In Deutschland gibt es bislang keinen gesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf Homeoffice. Dies gilt auch in Pandemiezeiten. Arbeitnehmer dürfen als bei einem Infektionsgeschehen nicht aus Angst vor Ansteckung der Arbeit einfach fernbleiben. Soweit es nicht abweichende arbeitsvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche Vereinbarungen gibt, müssen sie im Betrieb erscheinen.
Seit Inkrafttreten des neuen § 28 b Abs. 7 IfSchG am 23. April 2021 müssen nicht nur Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anbieten, diese Tätigkeiten in ihrer Wohnung auszuführen, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen; vielmehr haben nun auch Arbeitnehmer die Pflicht, dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Gründe, die dagegen sprechen, können z.B. räumliche Enge, schlechte Internetverbindung oder Störungen durch Dritte sein. Es reicht nach der Gesetzesbegründung aus, wenn der Arbeitnehmer dies seinem Arbeitgeber mitteilt. Dies gilt zunächst bis zum 30. Juni 2021. Ein korrespondierendes Recht auf Homeoffice für den Arbeitnehmer sieht das IfSchG jedoch nicht vor. Der Mitarbeiter kann also gerichtlich keinen Anspruch auf Homeoffice durchsetzen.
Zwingende betriebliche Gründe, die eine Ablehnung der Arbeit von zu Hause aus rechtfertigen, können etwa in der Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung oder unter Umständen auch in besonderen Anforderungen an den Datenschutz begründet sein. Arbeitgeber sind gut beraten, diese Gründe sorgfältig zu dokumentieren.
10. Kann der Arbeitgeber Homeoffice-Tätigkeit einseitig anordnen? Wie sieht dies in Corona-Zeiten aus?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Homeoffice-Tätigkeit nicht einseitig anordnen. Er kann zwar über Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung im Rahmen seines Weisungsrechts nach § 106 GewO bestimmen, dabei aber seinen Mitarbeiter nicht ins Homeoffice schicken. Eine derartige einseitige Anordnung geht nach LAG Berlin-Brandenburg vom 14. November 2018 – 17 Sa 562/18 – über sein Weisungsrecht hinaus. Eine Anweisung, im Homeoffice zu arbeiten, ist nur dann möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag getroffen wurde.
Auch in Pandemiezeiten darf der Arbeitgeber nicht zwangsweise auf den privaten Wohnraum des Mitarbeiters als Bürofläche zurückgreifen. Jedoch gibt es nach der Neuereglung in § 28 b Abs. 7 IfSchG für Arbeitnehmer nun die gesetzliche Pflicht, ins Homeoffice zu wechseln, soweit keine Gründe entgegenstehen. Gründe, die dagegen sprechen, können z.B. räumliche Enge, schlechte Internetverbindung oder Störungen durch Dritte sein. Es reicht nach der Gesetzesbegründung aus, wenn der Arbeitnehmer dies seinem Arbeitgeber mitteilt.
11. Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben sind zu beachten?
Für Telearbeit / mobiles Arbeiten gelten die gleichen datenschutzrechtlichen Grundsätze wie in den Räumen des Unternehmens. Es sind nach Art. 32 DSGVO alle notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen.
So sollten die Endgeräte gut geschützt und verschlüsselt sein bzw. es sollte über Tunnellösungen gearbeitet werden. Es muss sichergestellt sein, dass Familienangehörige keinen Zugriff auf den Firmen-PC haben und nicht lesen können, was auf dem Bildschirm erscheint. Telefonate sollten weder von Familienangehörigen noch von Nachbarn oder von digitalen Sprachassistenten wie Alexa mitgehört werden können. Passwörter müssen verschlossen aufbewahrt werden und Papier mit vertraulichen Inhalten darf nicht ungeschreddert in der Papiertonne landen. Wird auf Reisen gearbeitet, sollte das Laptop unbedingt mit Sichtschutzfolien geschützt werden.
Da in Art. 5 Abs. 2 DSGVO vorgeschrieben ist, dass der nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO Verantwortliche, also der Arbeitgeber,
- für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich ist
- und die Einhaltung nachweisen können muss,
sollte der Mitarbeiter klare schriftliche Anweisungen erhalten. Es bieten sich hier vor allem Homeoffice-Richtlinien als Zusatz zum Arbeitsvertrag oder – falls ein Betriebsrat existiert – eine Betriebsvereinbarung an. Außerdem sollte sich der Arbeitgeber Kontrollen vorbehalten, die z. B. durch Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden können
12. Wie können Geschäftsgeheimnisse im Homeoffice geschützt werden?
Seit dem 26. April 2019 gilt als Geschäftsgeheimnis nur noch das, was "Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen" ist, siehe § 2 Nr. 1 GeschGehG. Ohne solche Maßnahmen verliert ein Unternehmen alle Schutzansprüche aus dem Gesetz, wie etwa Unterlassungs-, Herausgabe- oder Auskunftsansprüche. Was eine angemessene Maßnahme ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass nicht alle Geschäftsgeheimnisse im Sinne des GeschGehG allein schon dadurch gesichert sind, dass der Mitarbeiter zur Vertraulichkeit entsprechend Datenschutz-Grundverordnung verpflichtet wurde.
Die Arbeit im Homeoffice ist jedenfalls ein zusätzliches Risiko für Geschäftsgeheimnisse. Genau wie bei Datengeheimnissen besteht die Gefahr, dass Mitbewohner Zugang zu vertraulichen Dokumenten erhalten, dass digitale Sprachassistenten mithören oder dass unter Umständen private Geräte zur Arbeit eingesetzt werden, die von mehreren Haushaltsangehörigen genutzt werden.
Eine geeignete technische Geheimhaltungsmaßnahme könnte etwa sein, dem Mitarbeiter zu untersagen, zu Hause mit eigenen Geräten zu arbeiten. Zudem können USB-Ports von dienstlichen Geräten deaktiviert werden, genauso wie private Drucker auf dienstlichen Geräten. Weiter bietet es sich an, Schutzfolien, Kopfhörer oder verschließbare Mappen zur Verfügung zu stellen. Am wichtigsten dürfte aber sein, dass jeder Mitarbeiter nur auf die Unterlagen Zugriff hat, die er für seine Arbeit tatsächlich auch benötigt.
Geheimhaltungsvereinbarungen in Arbeitsverträgen oder Zusatzvereinbarungen, eine besondere Kennzeichnung geheim zu haltender Informationen oder auch eine spezielle Mitarbeiterschulung zu Gefahren im Homeoffice, stellen geeignete organisatorische Geheimhaltungsmaßnahmen dar.
Da der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen der gesetzlichen Vorgaben trägt, sollte er alle getroffenen Maßnahmen schriftlich dokumentieren.
13. Wer haftet bei Arbeitsunfällen?
Nach Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes beschränkt sich der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice künftig nicht mehr auf so genannte Betriebswege, etwa zum Drucker oder zu einem Schrank mit Büromaterialien. Er wird vielmehr auf Wege im eigenen Haushalt zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang ausgeweitet. Darüber hinaus wird er bei Homeoffice-Tätigkeit auch auf Wege ausgedehnt, die die Beschäftigten zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen.
14. Wer trägt die Kosten für Arbeitsmittel im Homeoffice?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber für die Kosten aufkommen, die entstehen, um den Mitarbeiter überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Arbeitspflicht nachzukommen. Der Arbeitgeber hat somit die Kosten für den Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel zu tragen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeitet. Der Arbeitgeber muss seinen Mitarbeitern die erforderlichen Arbeitsmittel wie Büromaterial, Büromöbel und Technik auf seine Kosten zur Verfügung stellen sowie für Wartungskosten aufkommen und sich pauschal an laufenden Kosten für beispielsweise Heizung, Wasser, Strom und Telekommunikationsverbindungskosten beteiligen.
Stellt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter jedoch einen Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung und die Tätigkeit im Homeoffice erfolgt ausschließlich auf Wunsch des Mitarbeiters, erkennt das BAG an, dass in diesem Fall kein Aufwendungsersatzanspruch des Mitarbeiters entsteht (BAG vom 12. April 2011 – 9 AZR 14/10). Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter freistellt, wo er arbeiten möchte. Solange für ihn ein Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung steht, entfällt eine Kostentragungspflicht für das Unternehmen.
Die Grenzen sind hier fließend. Wenn die Anzahl vorhandener Arbeitsplätze im Unternehmen aufgrund umfangreicher mobiler Tätigkeit stark zurückgefahren wird und ein Arbeitsplatz im Betrieb nicht mehr sicher ist, wird man neu diskutieren müssen. Gegebenenfalls kann man Aufwandspauschalen vereinbaren.
15. Welche Besonderheiten sind bei BYOD zu beachten?
Verpflichtet sich der Arbeitnehmer vertraglich, selbst die notwendigen Arbeitsmittel zu beschaffen („Bring your own device – BYOD"), spart der Arbeitgeber zunächst natürlich Kosten. Allerdings ergeben sich bei der beruflichen Nutzung privater Geräte oft datenschutzrechtliche Probleme. So speichert und verarbeitet der Mitarbeiter geschäftliche Daten auf Geräten, die dem Einflussbereich des Arbeitgebers entzogen sind. Der Schutz betrieblicher Daten wird dadurch erheblich erschwert. Auch die wichtige Trennung von privaten und dienstlichen Daten ist nicht ganz leicht umzusetzen. Ratsam erscheinen Richtlinien, die Mindeststandards bestimmen. So sollte z. B. der Zugriff Dritter auf diese Geräte untersagt werden. Das eigene Endgerät muss zudem hinreichend gesichert sein. Zu klären ist, welche (Cloud-)Dienste genutzt werden dürfen. Bei mobilen Endgeräten ist zu bedenken, dass bestimmte Apps für Sicherheitsrisiken sorgen können. Im Ergebnis ist von BYOD eher abzuraten.
16. In welchem Umfang haftet der Arbeitnehmer, wenn Arbeitsmittel Schaden nehmen?
Der Mitarbeiter muss zu Hause sorgfältig und pfleglich mit den ihm überlassenen Arbeitsmitteln umgehen und dafür Sorge tragen, dass diese nicht durch andere – sich in seiner Wohnung aufhaltende – Personen beschädigt werden. Kommt es zu einem Schadensfall, so gelten die allgemeinen Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung:
Der Mitarbeiter haftet danach im Verhältnis zum Arbeitgeber eingeschränkt, wenn der Schaden auf einer betrieblichen Tätigkeit beruht. Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er gar nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit findet unter Abwägung aller Umstände eine Schadensteilung statt. Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer regelmäßig im vollem Umfang einzustehen. Keine Haftungsbeschränkung findet bei vorsätzlicher Schadenszufügung statt.
17. Wie kann ich eine Homeoffice-Tätigkeit meines Mitarbeiters beenden?
Bei sporadischem mobilen Arbeiten wird sich die Frage nach einer Beendigung kaum stellen. Soweit der Mitarbeiter aber feste Tage hat, an denen er außerhalb des Unternehmens arbeitet, oder gar einen richtigen Telearbeitsplatz nutzt, kann das Thema durchaus relevant werden.
Zu unterscheiden sind folgende Konstellationen:
18. Welche Beteiligungsrechte hat der Betriebsrat bei der Einführung und Durchführung von Homeoffice?
Die Frage, inwieweit ein Unternehmen Homeoffice-Arbeitsplätze einführen möchte, ist eine unternehmerische Entscheidung, die nicht der Zustimmung des Betriebsrats unterliegt. Dieser kann also weder die Einführung von Telearbeit / mobiler Arbeit verbieten noch erzwingen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Telearbeit bzw. von mobiler Arbeit, also das „Wie" der Planung, wird indes im Regelfall der personellen, sozialen und wirtschaftlichen Mitbestimmung entsprechend den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes durch den Betriebsrat unterliegen.
Der Betriebsrat ist zunächst rechtzeitig und umfassend über die Einführung und Ausgestaltung von Telearbeit / mobiler Arbeit bereits im Planungsstadium zu unterrichten (§ 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Des Weiteren muss der Betriebsrat über die einzelnen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Mitarbeiter rechtzeitig informiert werden, sodass er Vorschläge und Bedenken bei der Planung vorbringen kann (§ 90 Abs. 1 und 2 BetrVG). Darüber hinaus ist er umfassend über die Personalplanung, also z. B. darüber, wie viele Arbeitnehmer teilnehmen sollen / dürfen oder wie lange die Beschäftigung außerhalb des Betriebs erfolgen soll, zu unterrichten (§ 92 BetrVG). Im gewissen Rahmen bestehen hier auch Beratungs- und Vorschlagsrechte. Wird Homeoffice in größerem Umfang eingeführt, ist § 111 BetrVG zu beachten, der dem Betriebsrat bei Betriebsänderungen weitreichendere Unterrichtungs- und Beratungsrechte gewährt.
Soweit es um die konkrete Durchführung von Homeoffice-Tätigkeiten geht, stehen dem Betriebsrat Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG bezüglich der Arbeitszeit, nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Hinblick auf Einführung und Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen, nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG betreffend Unfallverhütungsvorschriften und nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG in Bezug auf Entgeltfragen zu.
Bei personellen Einzelmaßnahmen, wenn also beispielsweise ein normaler betrieblicher Arbeitsplatz in einen Homeoffice-Arbeitsplatz umgewandelt wird, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG. Des Weiteren können sich Beteiligungsrechte aus den §§ 91 und 102 BetrVG ergeben.
Sinnvoll erscheint es häufig, das Thema Homeoffice durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln.
Quelle: https://cms.law/de/deu/publication/homeoffice-telearbeit-und-mobiles-arbeiten?__cf_chl_managed_tk__=pmd__Ef3Wgh8OfeXsSqV1NseN2.UA2sZMfLkQ8hOFKdAWBs-1629964870-0-gqNtZGzNAzujcnBszQfl