Ist dies eine Rückkehr zum „Business as usual"?
Rund jeder zweite Arbeitnehmer hat dem Branchenverband Bitkom zufolge während der Pandemie komplett oder zumindest teilweise von zu Hause aus gearbeitet. Derzeit werden die Maßnahmen zum „Social Distancing" allmählich gelockert und Angestellte können teilweise in ihr Büro zurückkehren. Eine Studie des Personaldienstleisters Robert Half kommt zu dem Schluss, dass die Arbeit von zuhause aus trotz positiver Erfahrungen auch Nachteile hat. Die Autoren sehen die Zukunft eher in hybriden Modellen. Und auch das neue „Corona Barometer" von Xing zeigt, dass Arbeitgeber reale Begegnungsmöglichkeiten schaffen müssen, um den Zusammenhalt zu gewährleisten.
Mehr Unterstützung der Mitarbeiter untereinander als vor der Krise
Laut der Umfrage von Robert Half haben die meisten Unternehmen gelernt, gut mit der geänderten Arbeitswelt umzugehen, die sich zunehmend digitalisiert. Die Mitarbeitenden hätten sich schnell an die neue Situation gewöhnt und ihre Arbeitsweisen angepasst. Ein Drittel der Befragten gibt demnach an, dass die Belegschaft unter den aktuellen Bedingungen gut zusammenarbeitet und sich die Kollegen im Team sogar besser unterstützen. Fast drei von Zehn (29 Prozent) sagen, dass die Beschäftigten nach wie vor eine positive Einstellung gegenüber ihrer Arbeit haben. Die Studie verbucht dies als positiv, auch wenn die Ergebnisse den Umkehrschluss nahelegen, dass zwei Drittel nicht (mehr) positiv gestimmt sind.
Digitalisierung beeinflusst künftige Arbeitsformen
Die Frage nach der „neuen Normalität" sei nicht so leicht zu beantworten, sagt Christian Umbs, Managing Director bei Robert Half.„Sicher ist, dass die Corona-Krise Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitsweise haben wird. Viele Unternehmen, die Home-Office-Lösungen zuvor kritisch oder abwartend gegenüberstanden, haben festgestellt, dass Mitarbeiter von zu Hause nicht nur engagierter und zufriedener arbeiten, sondern auch produktiver sind." Manche Chefs haben zudem bereits angekündigt, dem Wunsch nach Home-Office künftig offener gegenüber zu stehen.„Auch wenn sich jetzt gerade viele Arbeitnehmer ins Büro zurücksehnen, so wünschen sie sich dennoch, dass die Möglichkeit zum Home-Office weiterhin bestehen bleibt", so Umbs.
Hinter diesem zwiegespaltenen Wunsch verbergen sich vermutlich mehrere Gründe. Viele Arbeitnehmer sorgen sich aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise um ihren Arbeitsplatz oder fürchten zumindest aufgrund von Kurzarbeit finanzielle Engpässe. „Eine Wiederaufnahme des Normalbetriebs würde ihnen mehr Sicherheit vermitteln", meint Umbs. Andererseits haben viele Arbeitnehmer in den vergangenen Wochen aber die zeitliche Flexibilität und eine Zeitersparnis durch das Wegfallen des Arbeitsweges zu schätzen gelernt. „Für Arbeitnehmer bedeutet das Angebot von Home-Office, dass stärker auf ihre Bedürfnisse eingegangen und ihnen ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht wird", erläutert Umbs. „Damit die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sich nicht zu sehr auflösen, ist aber auch ein hohes Maß an Selbstdisziplin erforderlich."
Gefragt nach den Herausforderungen von Remote Work und hybridem Arbeiten, nannte ein Drittel der befragten Führungskräfte (33 Prozent) die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit neuen Fähigkeiten. Genauso viele sagten, es sei schwierig, das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter im Blick zu behalten. 32 Prozent stellen höhere Kosten für „zusätzliche Benefits" wie technisches Equipment, Gesundheitsangebote oder Kinderbetreuung fest.
Wer als Führungskraft die Bedürfnisse der Mitarbeiter missachtet, riskiert im schlimmsten Fall gesundheitliche Schäden aufgrund von sozialer Isolation, zu wenig Unterstützung bei Problemen oder einer zu hohen Arbeitsbelastung, warnt Emine Yilmaz, Vice President Permanent Brands bei Robert Half in Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Mitarbeiter. Dabei gelte es, für jeden individuelle Lösungen zu finden. Yilmaz weist darauf hin, dass ein enger und direkter Austausch mit den Kollegen im Homeoffice dabei helfe, Warnsignale frühzeitig zu erkennen, um sofort gegensteuern zu können.
Wie bedeutend direkte Interaktion in Homeoffice-Zeiten ist, bestätigen auch die Ergebnisse der aktuellen Umfrage von Xing: Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, dass der persönliche Kontakt in der Firma wichtig ist, damit Unternehmenskultur entsteht und spürbar ist. An der Umfrage nahmen diesen März 1.176 aktive Xing-Mitglieder teil, davon 348 in Deutschland, 424 in Österreich und 404 in der Schweiz. Unternehmenskultur braucht ein Büro, einen physischen Ort für Interaktion, kreatives Miteinander und mehr,leitet Sabrina Zeplin, Geschäftsführerin von Xing, aus den Studienergebnissen ab, und befürwortet damit ebenfalls hybride Arbeitsmodelle.
Unternehmenskultur hat sich für jeden zweiten Arbeitnehmer verändert
Was die Unternehmenskultur ihres Unternehmens betrifft, so ist etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) derzeit sehr oder eher zufrieden. Allerdings konstatiert fast jeder Zweite (49 Prozent), dass sich die Kultur seit Beginn der Krise verändert hat – für 29 Prozent zum Negativen und für 20 Prozent, also etwas weniger, zum Positiven. Die Mitarbeitenden vermissen vor allem gemeinsame Aktivitäten, auch virtuelle, die offenbar auch zu kurz kommen. Außerdem empfinden sie einen höheren Leistungsdruck und eine gestiegene psychische Belastung und sie erhalten weniger Lob und Wertschätzung für ihre Arbeit als früher. Es verwundert nicht, dass die Befragten, aus deren Sicht sich die Unternehmenskultur zum Positiven verändert hat, in der Krise genau diese Wertschätzung erfahren haben, außerdem hat sich bei ihnen das Vertrauensverhältnis zu den Vorgesetzten verbessert. Als weiteres Kriterium ist den Befragten der kollegiale Umgang miteinander besonders wichtig.